Krafteinteilung

Die übelste Nebenwirkung bei meiner MS ist diese Müdigkeit. Profis nennen das Fatigue. Mir ist es ziemlich egal wie das heisst, ich hasse sie einfach.

Der Alltag mit zwei Kindern (5 und 7) die ab 12.00 Uhr zu Hause sind, ist auch ohne diese Müdigkeit manchmal anstrengend. Diese Erschöpfung kommt bei mir nicht schleichend, so dass man sich darauf vorbereiten kann, sondern meldet sich auf einen Schlag und plötzlich. Am liebsten Nachmittags ab 15.30 Uhr wenn auch die Kinder schon langsam müde oder überdreht sind. Dann wünsche ich mir meistens, ich hätte eine Nanny. Sie müsste nicht viel machen, nur darauf achten, dass sich die Jungs nicht die Köpfe einschlagen. Ein Spaziergang am See wäre natürlich ganz toll, weil dann hier auch etwas Ruhe wäre. Ich kann mich meistens nicht mehr konzentrieren und die Hausaufgaben mit dem grossen Sohn sind das Armageddon meines Tages. Der Kinderlärm und die ständigen Fragen saugen die letzten Tropfen meiner Kraft aus dem Körper. Meine Kinder sprechen etwa trölftausend Wörter innerhalb 1min. und erwarten meistens auch fachgerechte Antworten auf Fragen, die am liebten irgendwelche elektrischen Funktionen/Naturwissenschaft/Gott und die Welt-Sinnfragen betreffen. Die kann man nicht einfach mit einer pampigen oder unüberlegten Antwort abspeisen. Ein „ich weiss es nicht“ wird nicht akzeptiert, weil da kann man ja das Internet fragen. Dann wäre da noch dieses Nachtessen kochen.

Kräftekoordination wird erst recht gefragt, wenn ich am Abend noch einen anderen Termin habe. Auch wenn ich nur etwas Nettes vor habe, wie Essen gehen mit Freunden. Ich muss an diesem Tag bewusst weniger unternehmen und mich zwischen durch zu einer Pause zwingen. Das ist bei meinem eher lebhaften Naturell eine richtige Herausforderung. Ich habe mich noch nicht mit dieser Tatsache angefreundet und auch nach einem Jahr, seitdem ich weiss, warum ich mich so fühle, kann ich manchmal nicht damit umgehen. Aber ich lerne und versuche zu akzeptieren.

Dazu habe ich diesen wunderbaren Artikel gelesen:

(http://www.butyoudontlooksick.com/wpress/articles/written-by-christine/the-spoon-theory/)

Der beschreibt meine Situation treffend. Diese Person hat ebenfalls eine Autoimmunkrankheit und zwar ‚Lupus‘ und beschreibt ihren Umgang mit der Krankheit wie folgt:

Stell dir vor, du hast 12 Löffel, die du für jede Aktivität an diesem Tag zur Verfügung hast. Ein Löffel bedeutet Aufwand und Kraft, die dein Körper für die Durchführung aufwenden muss. Jetzt musst du dir ganz gut überlegen, was du an diesem Tag machen musst, möchtest, solltest und teilst deine 12 Löffel dementsprechend ein. Man sollte sich einen Löffel immer als Reserve zur Seite stellen, weil man nie weiss, ob noch etwas dazwischen kommt und dann steht man ohne Löffel da und hat die Arschkarte gezogen. Und das ist dann wirklich ziemlich blöd.

So geht es mir auch. Manchmal muss ich ganz gut überlegen, ob ich jetzt wirklich die Wäsche bügeln will, oder doch lieber 30min. auf dem Sofa liegen bleibe. Es kann ganz schnell passieren, dass das Hausaufgabenarmageddon besonders anstrengend ist. Ein Kind plötzlich krank wird. Wir in die Stadt fahren müssen oder die MS den Köper in die Mangel nimmt. Irgendetwas kommt und dann steht man da, hat keine Löffel mehr und möchte nur noch heulend das Zimmer abdunkeln und sich verkriechen. Und dann hat man die Arschkarte gezogen und ist aufgeschmissen weil der Körper, das Hirn und alles in totalen Streik gehen. Blöd.

Deshalb versuche ich meine Löffel immer gut einzuteilen und sollte mir für die Zukunft eher zwei auf die Seite legen, damit ich nicht mehr um 20.30Uhr meinen Mann vom Sofa aus anschnarche.

 

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