Rezension: Alles wie immer, nichts wie sonst

Ich freue mich, das Buch von meiner Bloggerkollegin Julia Hubinger vorstellen zu dürfen.

Alles wie immer, nichts wie sonst. Mein fast normales Leben mit multipler Sklerose ist das Erstlingswerk von Julia Hubinger. Ein Buch zum Blog mamaschulze

Julia erzählt wie es ihr bei der Diagnosestellung erging, wie ihr Leben innert kürzester Zeit auf den Kopf gestellt wurde und wie sie sich entschied, in einer Ausnahmesituation, eine Familie zu gründen. Ich hätte auch schreiben können, sie entschied sich, trotz MS eine Familie zu gründen, finde aber diese Umschreibung TROTZ MS deplatziert, denn Julia entschied sich, ihr Leben in die Hand zu nehmen.

Bei den ersten Seiten des Buches habe ich ständig genickt. Julia beschreibt Situationen, die meiner Meinung nach bestimmt ganz viele MS-Betroffene erleben. Diese Gedankengänge in denen man sich findet und von heute auf morgen ist man plötzlich unheilbar-chronisch-schwer krank!

Julia schreibt, wie sie die Zeit der Ungewissheit erlebt hat. Wie es sich anfühlt, sehnlichst auf eine Antwort zu warten obwohl die Antwort vermutlich nicht schön sein wird. Sie beschreibt welche Emotionen man dabei durchläuft und vor welche Fragen man gestellt wird.

Im Buch alles wie immer, nichts wie sonst kann man sehr gut erkennen, wie wichtig ein gutes Zusammenspiel von Seiten der Ärzte und der Angehörigen ist. Meiner Meinung nach, befinden sich MS-Betroffene zu der Zeit am Scheideweg. Hier entscheidet sich oft die Zukunft als Patient. Wie geht man mit dieser Krankheit um und welchen Weg man einschlagen wird. Julia hat sich für ein gutes Leben mit MS entschieden.

Ich habe überlegt, wie ich das Buch vorstellen möchte und bin zum Schluss gekommen, einige Passagen aus dem Buch zu zitieren, denn, die muss ich überhaupt nicht umschreiben oder zusammen fassen – mir ging es genau so und das könnten genauso meine Gedanken sein. Dann ist mir aber aufgefallen, dass ich doch nicht die ersten 1-70 Seiten zitieren kann… und ich habe mich deshalb für folgende entschieden:

Meine Lieblingszitate

Julia im Krankenhaus mit Verdacht auf Multiple Sklerose: Obwohl ich ihm (Paul, Ehemann von Julia) versprechen muss, die Zeit während seiner Abwesenheit nicht damit zu verbringen, mit meinem Smartphone im Internet nach der multiplen Sklerose zu recherchieren, mache ich natürlich sofort genau das. Ich kann einfach nicht anders. Ich muss nachlesen, was diese Krankheit eigentlich genau bedeutet.

Hoppla, das kommt mir aber sehr bekannt vor!

Chronisch krank. Ich finde, das hört sich nach einer Oma-Krankheit an! Nach etwas, mit dem man sich altersbedingt abfinden muss. Nicht nach einer jungen Frau. Es gibt Medikamente zur Behandlung der MS, aber weder heilen diese die MS, noch halten sie die Krankheit mit Sicherheit auf.

Ich liebe die Bezeichnung: Oma-Krankheit!

Ich lese Erfahrungsberichte von Menschen, die innerhalb eines Jahres nicht mehr laufen konnten und auf den Rollstuhl angewiesen sind.

Oh ja, immer und immer wieder der Rollstuhl!

Zusammengefasst können also sämtliche Körperfunktionen beeinträchtigt werden, für die die Nerven gebraucht werden. Und die Nerven braucht ja der Körper so ziemlich bei allem, was er tut. Scheisse!

Scheisse. Wenn einem das klar wird, dann merkt man, wie schlecht man eigentlich dran ist.

Mut, ich brauche jetzt Beispiele, die mir Mut machen.

Genau so erging es mir damals auch. Ich habe stundenlang das Internet nach Informationen abgegrast. Leider war das Bild immer gleich: Pflegefall, bestenfalls Rollstuhl.

Julia beschreibt, was ihr durch den Kopf ging, nachdem sie die gesicherte Diagnose bekommen hatte

Dann stehen Paul und ich vor der Uniklinik. Wir wissen nicht, was wir jetzt tun sollen. Und schauen uns voller Fragen an: Wie geht es uns jetzt? Was wollen wir jetzt machen? Wie wollen wir mit dieser Situation umgehen?

Anscheinend bin ich wirklich ernsthaft krank.

Und es verwirrt mich: Ich weiss einfach nicht, wie ich mich fühlen soll. Ich fühle nämlich gar nichts. Irgendwie bin ich ganz taub innerlich.

Genau dieses Gefühl! Anscheinend bin ich wirklich ernsthaft krank. Man hat überhaupt keine Ahnung was man denken oder fühlen soll. Vor ein paar Tagen hatte man einfach diese lästigen Symptome und jetzt hat alles einen Namen und zwar den, einer unheilbaren Krankheit. Und hier wünsche ich mir, ich hätte damals sowas gelesen. Deshalb ist es wichtig darüber zu reden und anderen zu zeigen, dass sie nicht alleine damit sind.

Hier folgt meiner Meinung nach, eine der wichtigsten Botschaften

...die Worte des Arztes, meine Gedanken und eine grosse Erleichterung. Es ist wirklich multiple Sklerose! Mir kann geholfen werden. Ja, natürlich ist MS nicht heilbar und die Zukunft ungewiss. Aber es ist eine Krankheit, an der geforscht wird und zu der es zumindest Medikamente gibt. Dr. Karl erklärt mir, wie wichtig die Einstellung zur MS ist. Zum ersten Mal spricht ein Arzt mit mir über die psychische Komponente dieser Erkrankung. Er redet davon, dass man mit einer MS durchaus positiv in die Zukunft schauen kann. Dass die Diagnose kein Ende bedeutet und es sehr wichtig ist, sie auch nicht als solches zu verstehen. „Wissen Sie, ich habe keine multiple Sklerose. Aber wenn ich mir zum Beispiel vorstelle, dass mein rechtes Bein sich anders anfühlt als das linke, dann tut es das auch irgendwann wirklich. Ich will die Erkrankung damit nicht verharmlosen, sondern Ihnen nur erklären, dass die Psyche sehr mächtig ist. Sie kann die Nerven beeinflussen. Sowohl negativ als auch positiv. Daher ist es unglaublich wichtig, eine positive Einstellung zu haben.“

In dieser Ausnahmesituation wird Julia und ihrem Mann die Frage nach der Familienplanung gestellt. Sie entscheiden sich schnell und es muss sowieso alles schnell gehen. Die Ärzte geben ihnen wegen Julias MS-Aktivität genau zwei Monate. Wenn sie in diesen zwei Monaten nicht schwanger wird, soll sie eine Therapie starten. Ich denke, hier können wir uns als Leser nur minim vorstellen, welche Gefühle im Spiel sind. Aber, Julia wird tatsächlich sofort schwanger.

Julia schreibt über ihre Schwangerschaft, ihre Jobsituation und die Geburt des ersten Kindes. Sie entscheidet sich bald ein zweites Kind zu bekommen weil es ihr während der Schwangerschaft MS-technisch so gut ging. Nach der Geburt ihrer zweiten Tochter, schreibt Julia wie anstrengend ihr Alltag ist. Ein Alltag mit kleinen Kindern ist so schon sehr anstrengend, eine andere Stufe wird erreicht, wenn man dabei als Mutter auch noch chronisch krank ist.

Irgendwann entscheidet sich Julia dieses Buch zu schreiben und zur Fertigstellung des Buches ist sie im vierten Monat mit ihrem dritten Kind schwanger!

Ich hoffe, ich habe euch einen Einblick gegeben und danke Julia an dieser Stelle, dass sie mich angefragt hat, ihr Buch zu lesen und zu rezensieren!