MyHandicap – Interview – Alltag und Job mit Multiple Sklerose

Alltagsheldin Katarina erzählt über ihren Umgang mit Multipler Sklerose

Im Mai 2018 ist mein Interview für MyHandicap erschienen.

Über MyHandicap:

(Quelle: MyHandicap)

Die Stiftung MyHandicap unterstützt und fördert Menschen mit Behinderung

Im Mittelpunkt aller Aktivitäten stehen Dienstleistungen rund um die Themen Information und Inklusion mit dem Ziel, die Lebenssituation von Behinderten positiv und nachhaltig zu beeinflussen. Zentral dabei ist die Hilfe zur Selbsthilfe.

Die Stiftung MyHandicap wurde 2004 von Joachim Schoss gegründet und hat seinen Sitz in Wil / St.Gallen. Die eigenständige Länderorganisation konnte sich seit seiner Gründung zu einer wichtigen Institution für Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige entwickeln.

Center for Disability and Integration an der Universität St.Gallen

Das Center for Disability and Integration an der Universität St.Gallen forscht zur Integration von Menschen mit Behinderung für eine inklusive Gesellschaft.

Am 5. November 2009 wurde das Center for Disability and Integration an der Universität St. Gallen feierlich durch den Ehrenschirmherr der Stiftung MyHandicap Bill Clinton eröffnet. Aufgabe des von MyHandicap geförderten Instituts ist, die wirtschaftliche Integration behinderter Menschen zu erforschen und voranzutreiben.

Lebensfreude mit Multipler Sklerose
Betroffene im Interview

Katarina hat vor 5 Jahren die Diagnose Multiple Sklerose (Schubförmig RRMS) erhalten. Die zweifache Mutter erzählt im Interview mit MyHandicap, wie Sie mit der Krankheit umgeht, was ihr Energie gibt und woher sie ihre Lebensfreude schöpft.

  • Du hast vor 5 Jahren die Diagnose Multiple Sklerose erhalten. Wie ist es zur Diagnose gekommen?
  • Wie ist es nach der Diagnose weitergegangen (medizinisch und persönlich)? Hast du gleich mit Therapien begonnen?
  • Was hat dir geholfen mit der Diagnose umzugehen?
  • Wie geht dein Umfeld mit deiner MS-Erkrankung um? Wird Multiple Sklerose eher tabuisiert oder wird offen darüber gesprochen?
  • Du bist arbeitstätig, Mutter von zwei Kindern und engagierst dich für verschiedene MS-Projekte. Wie schaffst du das alles?
  • Du bist Autorin des Blogs staublos.ch. Wie ist es dazu gekommen und welche Motivation treibt dich an?

Wenn ich Interviews gebe,

dann ist das nicht immer einfach für meinen Interviewpartner. Erstens, ich rede viel und zweitens, kann ich mich einfach nicht kurz fassen. Sorry Simon!

Im Zusammenhang mit dem Projekt stark-mit-ms.ch von Roche wurden mir, als eine der Alltagsheldinnen vom Blickwinkel, die oben erwähnten Fragen gestellt. Das sind keine neuen Fragen für mich und trotzdem ist es jedes Mal ein anderes Gefühl darüber zu sprechen. Es langweilt mich nie und nie habe ich das Gefühl, dass ich genug darüber gesprochen habe. Meine Leser und Emails bestätigen mir immer wieder, wie wichtig es ist darüber zu reden. Ich werde deshalb auch nie müde, darüber zu sprechen.

Lustigerweise hat mich eine Frage dann doch etwas ins Stocken bzw. Grübeln gebracht. Als Simon mich fragte, wie ich Familie, Job, MS-Aufklärungsarbeit, Blog und MS unter einen Hut bringe. Da war ich erstmals für einen kurzen Moment etwas überfragt und meine spontane Antwort war: „ähm, einfach?“

Ganz ehrlich, ich habe mir darüber irgendwie nie gross Gedanken gemacht. Ich habe es einfach gemacht. Es ist natürlich nicht immer einfach mit der ganzen Vereinbarung und dazu auch noch eine chronische Erkrankung. Ich habe das Glück, dass die MS zur Zeit nett zu mir ist. Vielleicht auch weil ich nett zu ihr bin? Es ist nicht so, dass ich im Arbeitsalltag die MS nicht merke. Es gibt diese Tage, an denen ich mich einfach nicht konzentrieren kann oder diesen berühmten Nebel im Kopf. Oder weil ich mir einen neuen Arbeitsablauf einfach nicht merken kann und genau weiss, dass ich das vor Jahren ganz locker sofort im Griff gehabt hätte.

Jedenfalls versuche ich mir zum Beispiel jeden Mittag eine 30-40 minütige Pause zu gönnen. Und ich bin milde geworden. Mit mir. Wenn der Geschirrspüler noch ausgeräumt werden muss und das dreckige Geschirr in der Spüle darauf wartet, eingeräumt zu werden. Da lasse ich es manchmal einfach stehen und mache meine Pause. Früher wäre sowas nicht möglich gewesen und hätte mich wahnsinnig gemacht. Also sind die MS und ich zusammen gewachsen und räumen uns unsere Freiheiten gegenseitig ein. Wie es in einer Beziehung gehört.

Nein, es ist nicht alles Gold was glänzt. Ich bin müde und fühle mich immer wieder ausgelaugt und erschöpft. Heute hat nach dem Aufwachen die Haut an meinem ganzen Körper geprickelt. Von Kopf bis Fuss hat es einfach gezwickt. So als hätte ich eine giftige Pflanze gestreift. Das ist ein sehr unangenehmes Gefühl. Es fühlt sich wie ein Feuerwerk der Nerven an.

Zudem vernachlässige ich mein Blog. Manchmal ist es schwierig Prioritäten zu setzen. Wenn die Kinder Schulferien haben, ist es mir immer wieder möglich, sie einfach ins Büro mitzunehmen. Das erspart mir sehr viel Organisatorisches und ich bin sehr dankbar dafür. Übrigens wissen im Büro alle, dass ich MS habe. Es ist aber nie ein grosses Thema. Weil, man sieht es mir ja nicht an.

Wenn ihr das ganze Interview bei MyHandycap lesen möchtet, HIER geht es lang.

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Jährliche MS-Verlaufskontrolle

MS-Verlaufskontrolle oder das Übel, welches jedes Jahr kommt

Ich habe ja geschrieben, wie mich meine Jahresverlaufskontrolle nervös gemacht hat. Ich habe mich völlig lächerlich aufgeführt, hatte Angst und wollte davon laufen.

Seit ich mit meiner aktuellen Therapie (Tecfidera Erfahrung) eigentlich sehr gut zurechtkomme, haben mein Neurologe und ich vereinbart, nur noch einmal im Jahr ein MRI/MRT machen zu lassen. Das passt mir unglaublich gut, weil ich nicht gerade einen vor Freude hüpfenden Tanz vor einer MRI-Untersuchung aufführe. Hier kann man meine MRI-Erfahrung nachlesen und was es für mich normalerweise bedeutet in die Röhre zu müssen.

Wie bereits geschrieben, wollte ich mich dieses Jahr gerne um diese Jahreskontrolle drücken. Ich war nervös und hatte ein durchaus schlechtes Gewissen meinem Körper gegenüber. Warum? Weil dieses Jahr sehr stressig war. Ich hatte zu viele Termine, habe mir oft mehr zugemutet als gut gewesen wäre und die Tage verflogen in einem unglaublichen Tempo. Also hinkte ich ständig irgendeiner Sache hinterher. Die meiste Zeit war ich müde und erschöpft und hatte leider zu wenig Zeit dieses Defizit aufzuholen. Kurz gesagt, ich fühlte mich schon im Sommer ausgebrannt und kräftemässig auf Reservetank. Und das allerschlimmste daran- ich war selbst schuld!

Also hatte ich wahnsinnig Panik, dass sich durch meine Unvernunft vielleicht die MS verschlechtert hat. Das war auch der Grund, weshalb ich eigentlich die Verlaufskontrolle gerne auf nächstes Jahr hinausgezögert hätte. Ich wollte davonlaufen. Obwohl ich rational gesehen genau wusste, dass mir das überhaupt nix bringt.

Zum Glück habe ich meinem Neurologen dann doch die verschiedenen, etwas verschlechterten Symptome gebeichtet und wir sind gemeinsam zum Entschluss gekommen, die Untersuchung doch Ende Oktober zu machen. So ist es genau ein Jahr her seit der letzten Untersuchung. Ich konnte nach der Verlaufskontrolle auch entscheiden, ob ich bei meiner Tecfidera-Therapie bleibe oder diese im Falle einer Verschlechterung wechseln müsste.

Aufregung vor der Verlaufskontrolle

Leute, ich war so, so, so nervös! Ich bin ja kein MRI-Anfänger, aber ich war bisher noch nie so nervös wie vor dieser Untersuchung.

Da wir die Brustwirbelsäule schon länger nicht kontrolliert hatten, beschlossen wir, diese auch noch zu scannen. Meine Hand-Symptome sind nämlich stärker geworden. Die ENG (Elektroneurographie) hat ergeben, dass sich vermutlich durch regelmässiges Handschienentragen (oder Akupunktur?) beide Karpaltunnel so sehr verbessert haben, dass die Symptome einfach nicht mehr davon kommen können. Da kam halt in erster Linie die MS in Frage als Verursacher. Gemäss meinem Neurologen könnten dafür Läsionen in der Brustwirbelsäule verantwortlich sein. Urgs.

Da das MRI von Kopf, Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule am Stück zu lange dauern würde und ich wahrscheinlich durchgekocht wäre nach 2 Stunden, hat man mir zwei verschiedene Termine in der gleichen Woche angeboten. Natürlich habe ich wieder angegeben, dass ich kein Beruhigungsmittel brauche, weil, ich muss ja wieder nach Hause fahren können. Ja, wie man unschwer erkennen kann, lerne ich noch immer nix draus. Egal.

Das erste MRI von Hals und Brustwirbelsäule war an einem Dienstag. Das Stechen für das Kontrastmittel erwies sich als eine kleine Herausforderung aber schlussendlich war der Zugang dann auch drin. Und ich wurde gegrillt. Später wurde ich gefragt, ob es am Rücken etwas warm geworden sei wie in der Mikrowelle. Oh ja, ich habe vergessen, dass es da wirklich warm wird…

Am Donnerstag kam dann der Kopf dran. Mittlerweile war ich auch etwas entspannter. Ich konnte ja sowieso nix mehr ändern.

Lustigerweise wurde mein neuer Zugang genau 2mm unter der Einstichstelle vom Dienstag gelegt. Volltreffer so zu sagen! Ich überlege ernsthaft noch immer, mir Zielscheiben mit rotem X zu tätowieren.

Mit meinen beiden CDs habe ich mich dann wieder auf den Heimweg gemacht. Und ich habe der Versuchung widerstanden, selber die MRIs anzusehen. Also lief ich die nächste Zeit mit allen verfügbaren Telefonen in der Hand herum und wartete auf den Anruf meines Neurologen. Nervös, nägelkauend, das volle Programm halt. Ist eigentlich bekannt, wie oft man den Emaileingang kontrollieren kann, bevor sich der Account aus Verzweiflung selber löscht, oder explodiert, hmm?

Am Freitag kam dann der Anruf meines Neurologen!

! KEINE NEUE MS-AKTIVITÄT !

Freudentanz, Freudentanz, Freudentanz!

Mein Neurologe meinte dann aber, es sei aber etwas Unerfreuliches dazu gekommen. Meine Halswirbel 4, 5, 6 und 7 seien ziemlich verschlissen und ich hätte sogar einen Bandscheibenvorfall. Er empfiehlt mir dringend Physiotherapie zu machen. Und da er mich sehr gut kennt, hat er auch gewusst, was meine erste Reaktion sein wird. Daraufhin hat er mir gedroht, mich mit dem weissen Lieferwagen zwangsabholen zu lassen. Hach, Humortechnisch sind wir auf der gleichen Wellenlänge, das mag ich.

Ich habe mich drauf hin einfach nur noch gefreut und alle meine wichtigen Leute informiert. Als ich später auf Instagram das gepostet habe, kam von @feeistmeinname der treffendste Kommentar: «So sehr über einen Bandscheibenvorfall freuen, kann man sich wohl nur, wenn man MS hat.» Ist das nicht total irre? Aber ja, über meine Halswirbelsäule und den Bandscheibenvorfall werde ich mich dann kümmern. Einfach nicht jetzt. Also habe ich zur Feier des Tages meine Jungs zum Sushiessen eingeladen und wir haben das gefeiert.

Eine Woche später war ich bei meinem Neurologen die Medikamentenration für die nächsten Monate abholen. Wir haben noch zusammen die MRI-Auswertung angeschaut und ich habe mal vorsorglich eine Physioverodnung mitgenommen. Mal sehen was ich damit mache…

Ich freue mich wahnsinnig, dass ich nun seit zwei Jahren schubfrei bin! Und ich bin wahnsinnig erleichtert, dass ich durch zu viel Stress, keine neuen Läsionen produziert habe.

Danke für die vielen gedrückten Daumen und die guten Wünsche, ihr seid sehr toll!