Frauen mit ADHS: ein spannendes Thema diese Woche bei Edition_F und mein Interview

Vor einigen Tagen habe ich mit Lena von Edition_F über mein ADHS gesprochen.

Edition_F widmet diese Woche dem Thema Frauen mit ADHS und stellt jeden Tag eine ADHS-betroffene Frau vor.

Im Interview mit Dr. Ahlers habe ich mich unter sehr vielen seiner Aussagen erkennen können und habe auch immer wieder genickt. Seine Zusammenfassung zu diesem Thema finde ich sehr treffend.

Es geht darum zu zeigen, dass nicht nur Jungs, sondern auch Mädchen von ADHS betroffen sind und ADHS manchmal auch erst im Erwachsenenalter diagnostiziert wird.

Deshalb freue ich mich sehr, dass ich bei Edition_F darüber sprechen konnte. Hier geht es zu meinem Interview.

Die Zeit meiner Diagnosestellung habe ich als sehr positiv empfunden und habe damals hier darüber geschrieben. In den nächsten Tagen möchte ich ausführlich zeigen, wie sich der Alltag mit ADHS anfühlt und vor allem, zu welchen Problemen meine Reizüberflutung mit einem ADS Kind führen kann…denn, es ist tatsächlich anstrengend, aber wir reden beide sehr viel und sehr ausschweifend darüber (Mutter-Kind-Gespräch über den inneren Schweinehund)

Vielen Dank Lena Lammers von Edition_F für den sehr netten Kontakt!

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Erschöpfung, Fatigue und Murphy

Die letzten Tage hat mich ein dickes Tief erreicht. Der Stress der letzten Tage/Wochen/Monate hat zurückgeschlagen und mich physisch und psychisch etwas aus dem Gleichgewicht geworfen.

Man ist im Alltagstrott gefangen und dreht im Hamsterrad seine Runden, versucht dabei nicht herauszufallen wenn Murphy (Quelle: Wikipedia) wieder zuschlägt und das Rad aus dem Schwung bringt.

So ging es mir in den letzten Monaten.

Immer wieder gab es unverhoffte Fallen, für die ich schnellstmöglich Lösungen finden musste. Der Alltag drehte trotzdem seine üblichen Bahnen weiter und es gab keine Pause oder Auszeit.

Normalerweise bin ich ein spontaner Mensch. In Stresssituationen bekomme ich sehr schnell einen groben Überblick und hab meistens auch eine passende Lösung bereit. Ob die dann richtig oder falsch war, das stellt sich dann erst später heraus. Manchmal gibt es aber Probleme, die saugen mir die ganze Energie aus. Wie z.B. die Schule meines grossen Sohnes. Da bleibe ich verkrampft und kann nicht nachvollziehen, warum Lehrer nicht im Team-Kind arbeiten können. Ein immer wiederkehrendes Thema im Alltag, welches mir einfach keine Ruhe gibt und ich einfach nicht los lassen kann.

Dazu kommt mein letzter Schub im September 2015. Nebst der vielen Nebenwirkungen durch Kortison und das neue Medikament, war es meine Psyche die im Nachhinein gelitten hat. Nein, ich war nicht traurig oder depressiv. Ich war angepisst! Ich war von meinem Körper extrem genervt und enttäuscht. Ich fand, MS ist ein hinterhältiges Miststück und ein übler Begleiter. Habe ich doch das letzte Jahr sehr gut ohne Medikamente gelebt, habe mich mit sämtlichen Vitaminen vollgestopft, auf meine Ernährung geachtet, regelmässig Sport gemacht, auf Entspannung geachtet, Akupunktur angewendet…und wofür? Trotzdem bekam ich diesen hinterlistigen Schub. Ich war wirklich so genervt, dass ich alles abgesetzt habe. Ich habe aufgehört die Vitamine zu nehmen, habe nur noch ab und zu Sport gemacht, bin nicht mehr zur Akupunktur gegangen und habe mich mit dem blöden Schwindel herum geplagt.

Die letzten Tage und Wochen empfand ich als extrem erschöpfend und fühlte mich völlig ausgelaugt. Die Fatigue hatte mich fest im Griff und ich habe mich sogar gefragt, ob ich vielleicht doch noch eine Depression bekomme. Aber ich war nicht antriebslos oder lustlos, ich war einfach erschöpft. Diese tiefe Erschöpfung bis in die Knochen und in die Haarspitzen. Es brauchte nur wenig und ich fühlte mich völlig erschöpft und körperlich am Ende. Ich kam nicht zur Ruhe und konnte die gefühlt leeren Batterien einfach nicht aufladen. Erschöpfung, so schwer wie ein Stein am Bein! Zur Zeit kommt das Bild vom Obelisk, diesem Obelix-Stein auf dem Rücken geschnallt, meinem Zustand ziemlich nahe. Dazu merke ich mein AD(H)S verstärkt (hier schreibe ich, wie sich das bei mir zeigt). Die Reizüberflutung führt zur geistigen Überreizung und ich wünsche mir ein Erdloch um mich zu verkriechen, denn das Altaghamsterrad dreht weiter und Murphy gibt sein bestes….urgs!

MS! Ich hasse dich!!!!!

So habe ich mich in den vergangen Tagen, in meiner Erschöpfung gesuhlt und gewälzt bis ich genug davon hatte. Ich habe die Schnauze voll und habe beschlossen, das wieder zu ändern. Ich möchte wieder zu meiner alten Form kommen. Sowas ist ja echt nicht auszuhalten. Also habe ich jetzt meine Vitamine wieder hervor gekramt, habe diese Woche wieder Sport gemacht und meiner Frau Akupunktöse wegen einem Termin geschrieben.

Ziel: die Form und Körpergefühl von September erreichen!

Ich weiss nicht, ob diese extreme Erschöpfung vielleicht vom letzten Schub kommt. Immerhin habe ich drei neue Läsionen ausgebrütet. Das sind drei neue Schäden und erhöhen meine Sammlung auf 10 Hirnschäden. Mein Gehirn, ein Salatsieb…

Auf geht’s in den Kampf!

Ein Versuch: Tagebuchbloggen

Einer meiner ToDo’s für 2016 war ja, einen Versuch mit Tagebuch bloggen zu starten. Wie gesagt, es wird vorläufig ein Versuch werden, denn ich weiss nicht ob:

  1. sich irgendjemand für meinen Alltag intressiert
  2. mein Alltag genug Schreibthema bietet
  3. ich überhaupt Tagebuch schreiben kann, weil, tadaaa, ich habe nie Tagebuch geführt. Auch nicht als Teenie

Also versuchen wir das jetzt einfach mal, denn bei den anderen Bloggern lese ich die sehr gerne

Sonntag, 3.01.2016

Schlecht geschlafen weil prämenstruell und Rücken und Bauchgrummeln. Ein wichtiges Schulgespräch vom grossen Sohn steht an und das beschäftigt mich zur Zeit sehr. Beschäftigen ist eigentlich fast schon untertrieben. Heute wache ich gegen 5Uhr auf weil ich von diesem Lehrergespräch träume. Ich bin völlig in meinem Element und führe bereits das Schlachtgespräch mit der Lehrerin. Dabei versuche ich mir irgendwo im Geiste die passenden Notizen zu schreiben. Also wenn ich schon im Geiste das Szenario durchgehe, dann bitte richtig. Ich denke hier an Frau Bruellen, ich weiss aus ihrem Blog, dass sie sich mit solchen Traum-Szenarien-Bewältigungen auch auskennt. Ich bin total in Fahrt und rede mich im Traum duselig und versuche den Tipp meiner Psychologenfreundin geschickt einzubinden. Sie empfiehlt übrigens, aus psychologischer Sicht, den ultimativen Satz gegenüber Sozialpädagogen: „ich bin enttäuscht!“ und den zweiten „was schlagen Sie hier vor.“ (ich muss dazu erwähnen, dass ich immer den Drang habe, anderen ihre Problemlösungen abzunehmen und Lösungen bereits selber vorzuschlagen, auch wenn es nicht meine Aufgabe ist) Also lalle ich den Satz im Schlaf vor mich hin und probiere verschiedene Varianten. Danach wache ich, wie gesagt, um 5 Uhr auf und kann nicht mehr einschlafen. Die kleine Babykatze merkt offenbar das ich wach bin und springt neben mein Gesicht. Wir glotzen uns also in der Dunkelheit an und zack, tapst mir die haarige Pfote direkt ins Auge. Ich konnte definitiv nicht mehr einschlafen.

Der Mann macht das Frühstück (ich habe am Samstag einen Zopf, infolge Laktoseintolleranz versuchsweise mit Hafermilch gebacken und das ging erstaunlich gut) und ich steuere noch die Nutella dazu.

Danach wird unser Haus wieder entweihnachtet und der Weihnachtsbaum abgeschmückt. Ich frage mich, ob ich aus dem Weihnachtsbaum (ohne Nadeln) irgendwie einen Kletterbaum für die Katze machen kann. Der Mann findet die Idee nur so mittelprächtig. Mal sehen wer schneller ist, ich mit Kletterbaum oder die Müllabfuhr.

Entschmückter Weihnachtsbaum

Am Nachmittag geht der Mann noch seine Runde joggen, die Kinder spielen Unihockey in der Garage. Das tönt dann aber doch so, als ob sie das Haus abreissen möchten. In dieser Zeit muss ich eine wichtige Entscheidung treffen! Welche Nagellack-Farbe wähle ich aus?

Nagellack

Da ich durch die Festtage ständig den Chanel„> roten Chanel* drauf hatte, wollte ich wieder etwas Abwechslung. Also habe ich, passend zum Wetter, den grauen Essie cocktail bling* gewählt. Morgen ist zwar Putztag bei mir, aber egal, dann habe ich wenigstens für heute schöne Nägel.

Heute ist der letzte Ferientag und morgen beginnt wieder die Schule und auch der Mann geht wieder ins Büro. Die Jungs daran erinnern, noch in die Schultaschen zu schauen und dabei irgendwelche Informationsblätter von der ersten Klasse bekommen.

Zum Abendessen wird ‚kalt‘ gegessen. Wir nennen das ‚heute gibt es kalt‘ alles was wir im Kühlschrank finden und nicht kochen müssen. Also Käse, Aufschnitt, Joghurt, Hüttenkäse, rohes Gemüse. Das macht ziemlich alle glücklich und danach muss man auch nicht so viele Pfannen abwaschen.

So, das war jetzt mal mein erster Tagebuchbloggen-Eintrag. Hier sieht man ganz schön, dass ich mich eigentlich nur selten kurz fassen kann. Eigentlich ist mir jetzt schon klar, dass ich am Elterngespräch diese 30min., die grosszügig für uns reserviert wurden, sowieso nicht einhalten kann und dann werde ich meinen ultimativen Pädagogen-Kryptonit** fallen lassen: Ich bin enttäuscht!

So!

Allen, die morgen wieder mit dem Arbeitsalltag beginnen, wünsche ich einen wundervollen Start!

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**ich habe normalerweise nix gegen Pädagogen.

MS mit ADS oder ADHS

Ich liebe solche Kürzel! Mit Kürzeln kommt man schneller durchs Leben und verliert keine kostbare Zeit mit ausschreiben der langen Wörter…

Wie bereits bekannt, wurde mein Sohn mit ADS (Aufmerksamkeitsdefizit-/ ohne Hyperaktivitätsstörung) diagnostiziert. Der Weg bis zur Erkenntnis warum er so handelt, wie er eben handelt, war lang.

Was hat das aber mit meiner MS (Multiple Sklerose) zu tun?

Wenn ich vor einem Problem stehe, oder mit einer Diagnose konfrontiert werde, dann nehme ich das nicht einfach nur so hin und akzeptiere. Ich besorge mir Unmengen an Literatur darüber und werde ziemlich schnell zu einem Experten in diesem Bereich. Erklärt auch mein Vorgehen bei der MS Diagnose und deshalb habe ich auch überhaupt zu bloggen angefangen. Ist manchmal gut und manchmal eben weniger gut. So habe ich mich gefragt, warum ich in letzter Zeit, und da geht es um einige mehrere Monate, ein Problem mit der Reizüberflutung habe. Ich habe meinen Neurologen darauf angesprochen, ob denn sowas ein MS-Symptom sein könnte und was ich dagegen machen könnte. Ich erzählte ihm auch, dass bei meinem Sohn ADS diagnostiziert wurde und ich in der Fachliteratur einige Merkmale gefunden hätte, die auch bei mir sehr gut zutreffen. Er riet mir zu einer ausführlichen ADS(h)S Abklärung.

Mein Zustand wurde für mich mittlerweile schon ziemlich unerträglich, was mich dazu veranlasste, auch mit meinen 36 Jahren diese Abklärung zu machen. Nach den Fragebögen und den Gesprächen, scheint die Richtung AD(h)S ganz klar gegeben zu sein. Lustigerweise wurde mir in diesen zwei Sitzungen so vieles klar. Es fiel mir so zu sagen wie Schuppen von den Augen. Natürlich habe ich AD(h)S! Viele meiner Macken, kommen von AD(h)S. Einiges ist natürlich Charaktersache. Aber ich habe offenbar gelernt, mit dieser Aufmerksamkeitsstörung umzugehen und habe für mich ganz viele verschiedene Strategien entwickelt. Ich habe mir unbewusst ganz viel Struktur im Alltag aufgebaut. Unordnung und Zerstreutheit machen mich nervös und ich versinke in Chaos und verliere die Kontrolle. Bisher bezeichnete ich mich als Kontrollfreak, als extrem pingelig, als kompliziert und halt etwas nervös…usw. Jetzt weiss ich, dass das alles meine Strategie gegen die Unordnung in meinem Kopf ist. Wenn ich vor einem Problem stehe, kann ich innerhalb kürzester Zeit eine Lösung finden. Hat sich diese Lösung in meinem Kopf festgesetzt und ich eine klare Vorstellung davon habe, ist es für mich ein Problem, wenn das eben nicht ganz so funktioniert. Ich muss alles kontrollieren, weil ohne Kontrolle, mein Alltag schnell in ein Chaos stürzen würde.

Deshalb ist mir auch klar, warum ich so viele Arbeitsstellen gewechselt habe! Ich organisiere so gerne und ein Chaos zu beseitigen, bereitet mir die grösste Freude. Wenn ich aber meinen Job erledigt habe und alles eine Struktur hat und einigermassen reibungslos läuft, na dann wird es mir langweilig. Mit Langeweile oder monotoner Arbeit kann ich nicht umgehen. Langeweile löst grosse Unruhe in mir aus. Das hat offenbar alles mit AD(h)S zu tun.

Was ist jetzt mein Problem, wenn ich doch seit 36 Jahren damit leben konnte?

Ha! Die MS! Genauer gesagt meine Erschöpfung, die Fatigue! Über diese gemeine und unberechenbare Erschöpfung, die mich einfach so plötzlich aus dem Nichts befällt, habe ich schon ganz oft hier und z.B. hier mit treffender Beschreibung geschrieben . Die MS hat meine, jahrelang antrainierten, Verhaltensmuster völlig aus der Bahn geworfen. Weil ich durch ADS ein nervöser und rastloser Mensch bin, der Stress liebt und unter Druck wunderbarst arbeiten kann. Da bremst mich die MS aus. Durch diese Erschöpfung sollte ich entgegen meinem eigentlichen Naturell, anders mit meinem Stress umgehen. Wir wissen, Stress und MS vertragen sich überhaupt nicht gut. Deshalb rät mir mein Neurologe auch immer wieder, ob es für mich ratsam wäre ins Berufsleben wieder einzusteigen. Ich kann Stress nicht dosieren und merke erst wenn es zu spät ist, dass es zu viel war. Jetzt ist aber so, dass die MS mich mit der Fatigue ausbremst und mein inneres Gleichgewicht völlig aus dem Lot geraten ist.

Eigentlich ist für mein Naturell die MS eine ziemlich falsche Krankheit. Aber ist es vielleicht so, dass mein Körper durch diesen ständigen Stress und die Rastlosigkeit, irgendwann einfach genug hatte und deshalb sich die MS entwickelt hat? Hier möchte ich festhalten, dass AD(h)S sicherlich nicht zu MS führt und das keine wissenschaftlich hinterlegte Aussage ist. Ich frage mich nur für mich, habe ich durch meinen Perfektionismus, durch meinen Kontrollwahn und durch meine Liebe nach Stress, meinem Körper über Jahre zu viel zugemutet? Habe ich die Zeichen des Körpers nicht erkannt und habe einfach weiter gemacht bis mein Immunsystem durchgedreht ist und sich selber angegriffen hat? War MS für mich ein Warnschuss des Körpers um zu zeigen, so weit und weiter geht’s nicht, du entscheidest selber?

Bei mir haben diese zwei Sitzungen betrf. ADS Abklärung jedenfalls sehr viel zur Selbsterkenntnis geführt. Nur schon für die Tatsache, dass ich jetzt so vieles mit anderen Augen sehe und es jetzt plötzlich so klar erscheint, schon dafür hat sich die Abklärung gelohnt. Auch für die vielen Lacher, die ich bei den Fragen hatte wie z.B. Reden Sie viel und unterbrechen Sie manchmal Menschen weil, wenn Sie sie ausreden lassen würden, Sie ihren Kommentar vergessen könnten? Oooh ja…

Ich denke, dass es für mich eine sehr grosse Herausforderung werden wird, aus den alten Verhaltensmustern auszubrechen. Die Therapeutin empfiehlt mir trotz der Bedenken des Neurologen ins Berufsleben wieder ein zu steigen, aber mit einem wirklich kleinen Pensum. Ich muss aufpassen, nicht ein Problem mit der MS zu bekommen, weil ich durch ADS ein anderes Stressempfinden habe.

Jetzt bin ich sehr gespannt, welchen Weg ich hier einschlagen werde. Meinem Mann kann ich jedenfalls sagen, dass ich nur ein wenig verrückt bin und jetzt einen Freischein dafür bekomme 🙂