MS ohne Medikamente

Nach vielen Überlegungen und endlosem Abwägen, den vielen Pro und Kontra-Gedanken und stundenlangem brüten über klinischen Studien im Internet, habe ich mich entschieden, keine weiteren MS-Medikamente einzunehmen.

Dazu muss ich sagen, dass ich leider die bisher ausprobierten Medikamente nicht vertragen habe, weder Copaxone noch Aubagio. Im Oktober habe ich somit das Aubagio abgesetzt auch wegen der sehr schlechten Blutwerte und den Nebenwirkungen, die ich für mich nicht mehr tragen wollte. Wenn ich keine so üblen Nebenwirkungen gehabt hätte, würde ich vermutlich noch Heute Medikamente nehmen.

Ich muss sagen, dass ich soweit es die MS angeht, schon sehr viel Glück hatte. Es gibt zwar diese sieben Läsionen in meinem Gehirn und ich habe eine lange Liste an Symptomen, trotzdem würde ich sagen, wenn es so bleibt, dann bin ich sehr glücklich. Ich versuche mich mit der MS zu arrangieren. Es bleibt mir ja auch nichts anderes übrig. Zu Beginn dachte ich, es hätte ja so viele Medikamente und somit kann ich aktiv etwas gegen die Krankheit machen. Tja, dass mein Körper sich extrem gegen die Medikamente sträubt, habe ich noch nicht gewusst.

Immer wieder zeigen sich die verschiedenen Symptome. Mal weiss ich, dass es etwas altes ist, dass ich sowas schon mal gehabt habe. Mal ist es etwas neues, dass mich dann doch aufhorchen lässt. Am Meisten bereitet es mir Mühe, dass ich die jeweiligen Schübe nicht so krass spüre. Bei dem letzten Schub wusste ich zwar, dass etwas nicht stimmt und mir ging es ja nicht gut, aber irgendwie habe ich trotzdem so gelebt, als ob nix wäre. Erst bei der Lumbalpunktion kam heraus, dass die Entzündungswerte sehr hoch sind. Das verunsichert mich manchmal. Was wäre wenn….? Wenn ich tatsächlich einen Schub hätte, die Symptome aber als etwas bekanntes abtue und denke, dass das nur der Schaden der bestehenden Läsionen wäre. Deshalb keine Kortisoninfusionen machen lasse und es sozusagen verpasse, etwas dagegen zu unternehmen. Tja, das kann einem MS-kranken keiner nehmen. Wir müssen gut auf unseren Körper hören. Trotzdem dürfen wir uns nicht von jedem Zucken und jedem plötzlichen, stechenden Schmerz verrückt machen lassen. Ich möchte mein Leben soweit unbeschwert leben. Das gelingt mir nicht immer, aber irgendwo aus tiefem Inneren funkt so ein kleiner, positiver Zwerg. Ich muss nur aufpassen, objektiv zu bleiben und die Symptome richtig zu deuten.

Positives Denken und Naivität sind vermutlich einfach zu verwechseln…

Pessimismus

Mein Neurologe hat die seltsame Gabe immer und überall Pessimismus zu verbreiten. Am Anfang während und kurz nach der Diagnose, war er höchst positiver Einstellung. Aber kaum habe ich mich in diese MS-Materie vertieft eingearbeitet und mich kritisch im Hinblick auf Medikamente gezeigt, ist er gleichzeitig zum Oberpessi der Welt mutiert.

Bei jedem Termin, an dem es mir sichtlich gut ging, hat er angefangen mit seinen Fragen zu bohren und herumzustochern, bis er mich soweit hatte, dass ich am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre. Irgendwann habe ich ihm das auch gesagt. Als er anfing, meine Einstellung zu hinterfragen, habe ich gefragt, warum er denn so ein miesepetriger Spielverderber sei. Und zwar in diesen Worten: miesepetriger Spielverderber. Er hat mir das dann so erklärt, dass er absichtlich ganz schwierige und kritische Fragen stelle, weil er nicht möchte, dass ich beim nächsten Schub oder MS-Problem in ein Loch falle.

Vor etwa 2.5 Wochen musste ich wieder antraben weil die verschlechterten Leberwerte kontrolliert wurden. Und hej, mir ging es prächtig! Ich würde sogar behaupten, ich war das blühende Leben. Dann hat er wieder angefangen an mir rumzuhacken. Ob ich mich denn nicht zu sicher fühle so ohne Medikamente. Ob es mir denn bewusst wäre, dass jeder Zeit ein neuer Schub kommen kann. Irgendwann habe ich ihn unterbrochen und gesagt, dass ich ja wohl wisse, dass jeder Zeit ein neuer Schub kommen kann, das ist ja auch das doofe an dieser beknackten Krankheit. Ich will mir jetzt auch keine Gedanken darüber machen, weil, es geht mir gut und ich will diese Zeit geniessen. Vielleicht sind es nur einige Tage, vielleicht aber auch Wochen, das kann mir weder er noch irgendwer ausreden. Ganz klar habe ich ihm gesagt, dass ich in der Gegenwart lebe und ganz egal, was auch immer die Zukunft bringt, ich habe keine Angst davor und weiss, dass ich es meistern werde.

Ich habe wirklich irgendwo tief in mir diese Einstellung. Profis nennen das auch Resilienz (siehe Wikipedia). Ich will mir keine Horrorszenarien ausmahlen, es genügt mir zu wissen, dass es die geben kann.

Trotzdem ist mein Befinden nach dem Neurotermin rapide in den Keller gesunken. Ich versuche dann immer herauszufinden, woran das gelegen haben mag. Also mein gesundheitliches Befinden. Zuerst war ich bei der Akupunktur. Wir haben da wiedermal eine Behandlung gemacht, in der versucht wird, mein Immunsystem neu zu starten. Sowas wie ein Restart. Das bringt mich ziemlich durcheinander, mental und physisch. Dann habe ich hochdosiertes Johanniskraut bekommen wegen meiner Spastiken im Rückenmark. Dazu noch neue Linsen und neue Brille. In den nächsten Tagen ging es mir nicht gut. Kopfschmerzen, Schwindel und meine ganze Haut am Rücken tat mir extrem weh. Danach haben sich meine alten Einstichstellen von den letzten Spritzen gemeldet. Diese Knubbel schwollen an und juckten wie wahnsinnig. Man bedenke, dass ich im März die letzte Spritze gespritzt habe. Jedenfalls habe ich nach zwei Tagen ein Foto meinem Neuro gemailt und gefragt, ob das vom Johanniskraut kommen kann. Er schrieb innerhalb von 15min. zurück, dass ich es sofort absetzen soll und ein Antiallergikum nehmen soll. 3 Tage nach dem Absetzten hatte ich am ganzen Körper einen roten, juckenden Ausschlag. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich vom neuen Shampoo auch juckenden Ausschlag bekomme. In der ganzen Zeit habe ich extrem schlecht geschlafen und hatte seit Tagen, Tag und Nacht, Kopfschmerzen. Jetzt habe ich gemerkt, dass die Kopfschmerzen auch von meiner neuen Brille kommen könnten.

Lange Rede, kurzer Sinn. Seit ich beim Pessi-Neuro rausgegangen bin, ging es mir plötzlich viel schlechter. Auch jetzt weiss ich noch nicht genau, woher der ganze Müll kommt. Es gibt ja so viele Möglichkeiten und wir wissen ja, dass es auch die Drecks-MS sein könnte, die ihre gierigen, verkrüppelten Finger im Spiel hat.

Ich warte jetzt mal ab, trinke Tee und in 2.5 Wochen muss ich eh wieder zum Neuro. Lagebesprechung wegen neuem MRI-Termin.

Putzfee! …ein neuer Versuch

Über meine Erfahrung mit der Haushaltshilfe habe ich ja mehrfach berichtet. Vor einigen Tagen habe ich mich mit der Vorgesetzten, also der Chefin der Haushaltsfeen, getroffen. Jetzt wurde ich von einer Leserin darauf aufmerksam gemacht, dass ich über den Ausgang des Gespräches ja noch garnicht berichtet habe! Ich habe mich offenbar noch nicht an das regelmässige bloggen gewöhnt, obwohl ich es selber bei Lieblingsblogs nicht erwarten kann zu lesen, wie etwas ausgegangen ist. Heute habe ich die 10’000 Aufrufe-Marke auf dem Blog geknackt und das ist so viel mehr als ich es mir je gedacht habe.

Ähm, ich schweife ab! Jedenfalls, woooohooooo! Ich möchte gerne regelmässig über meinen Alltag schreiben. Tagebuch kann so befreiend sein!

Die Chefin der Haushaltsfeen ist also bei mir vorbeigekommen. Vor diesem Termin war ich schon zwei Tage völlig schlecht gelaunt und genervt. Die Szenen mit meiner Haushaltselfe spukten immer wieder in meinem Kopf herum. Und natürlich regte ich mich immer wieder darüber auf, vor allem weil ich es so lange mitgemacht habe. Dann regte ich mich auf, das ich mich darüber aufrege. Das habe ich schön auf Twitter dokumentiert. Hach, ein Teufelskreis. Jedenfalls war ich schon ziemlich aufgeladen als die Frau Chefin kam. Sie fragte mich zuerst aus wie es mit der Gesundheit steht. Danach hat sie gefragt, warum es nicht geklappt hat mit der Haushaltsfee. Und da brach es aus mir heraus! Ein Wortschwall ohne Punkt und Komma. Die Frau Haushaltsfeenchefin hat sich hie und da was notiert, aber ich konnte nicht aufhören! Erst als ich alles ausgespuckt habe, konnte ich mal tief Luft holen und sie fragen, ob ich übertreiben würde, wenn ich jemand anderen verlange. Sie hat mir in allen Punkten Recht gegeben. Sie hat auch erwähnt, dass sie wohl mit dieser ‚Fee‘ eine Schulung machen müssen und sie nochmals über einige Punkte, auch Hygiene, aufklären müssen. Sie hat versprochen, jemand anderes zu schicken. Vor allem liegt es nicht in der Kompetenz einer Haushaltshilfe zu entscheiden ob und wie stark jemand krank ist. Das war auch einer der Punkte, der mich extrem geärgert hat.

Wie das so bei mir manchmal ist, habe ich am Abend ein schlechtes Gewissen gehabt, dass ich alles erzählt habe. Ich hätte vielleicht auch etwas zurückhaltender sein können oder etwas diplomatischer. Aber andererseits hat mich diese Person extrem beleidigt und wollte nie ein klärendes Gespräch mit mir führen.

Am Montag ist dann die neue Haushaltshilfe gekommen. Was soll ich sagen…sie hat das Putzmittel auf den Wasserhähnen einwirken lassen…als sie ging, waren die Böden noch nass…ich höre schon die Glöckchen bimmeln 🙂

Herausforderung oder Prüfung des Lebens

Heute war ich wieder beim Neurologen. Ich habe die dritte Packung meiner Medikamente abgeholt. Als ich rein gekommen bin, sagte er kurz, er müsse für 5min. weg, aber die Medikamentenschränke seien denn abgeschlossen. Irgendwie mag ich seinen Humor!

Jedenfalls habe ich ihm von meinen Leiden in den Tagen seit dem letzten Treffen erzählt und wir haben uns darauf geeinigt, dass es wohl zu 70% MS-Schub ist. Wir werden im Juni noch ein MRI machen, um feststellen zu können, ob der Schaden noch immer sichtbar ist und entscheiden, ob dieses Medikament etwas nützt oder vielleicht doch nicht.

Er hat dann auf mich eingeredet und hat meine Einstellung zu dieser Krankheit wieder in Frage gestellt. Aber was soll ich machen, ich bin positiv eingestellt und ich verbiege mir meine Probleme so, dass es immer einen erträglichen Ausgang gibt. Ich kann nicht einfach aufgeben und mich als krank bezeichnen. Es stört mich, dass in diesem letzten Jahr keine wirkliche Besserung eingetreten ist. Ich hätte so gerne die Therapie vertragen und habe gehofft, dass sich alles innerhalb eines Jahres einpendelt und ich einfach weiterleben könnte als ob nichts wäre. Natürlich ist das naiv und blauäugig aber ich kann mich einfach nicht ergeben.

Neuro erwartet von mir, dass ich meinen Alltag um diese Krankheit herum aufbaue und mir Täglich 1-2 Stunden Zeit nur für mich und den Körper nehme. Sei es in Form von Sport, Physiotherapie oder sonst welchen Entspannungsübungen. Für mich ist das mit meinem Leben nicht zu vereinbaren. Es wirft alle meine Pläne über den Haufen. Jetzt da der kleine Sohn Vormittags im Kindergarten ist, habe ich mir vorgestellt, wieder in den Beruf einzusteigen. Ich möchte so gerne arbeiten. Nicht aus finanzieller Not sondern für mich. Das war mein Plan. Der Neuro meint, ich soll mir das abschminken und damit rechnen, dass ich evtl. erst in 10 Jahren arbeiten gehen kann. Das ist doch einfach nur Scheisse! Wie soll ich lernen, mich dieser Krankheit zu ergeben? In mir breitet sich nur noch das Gefühl des Versagens aus. Ich muss jetzt schon wieder neue Pläne machen und darauf hab ich einfach kein Bock.

Du siehst gar nicht krank aus.

Da ist wieder dieser Satz. Ich möchte auch so leben als ob ich nicht krank wäre. Muss ich ständig erwähnen, dass ich krank bin? Wie ist es krank zu sein? Wie fühlt sich das an? Man wird doch nach jeder Krankheit wieder gesund. Warum muss es ausgerechnet etwas unheilbares sein? Etwas das heimtückisch sich irgendwo im Körper versteckt und dir jeder Zeit den Teppich unter den Füssen reissen kann.

Warum?

Der Neuro sagt, ich sei ein extrem leistungsorientierter Mensch. Ich müsse zulassen, nicht mehr im gleichen Maas belastbar zu sein. Leider kann ich das nicht mit einem Schalter einfach abstellen. Will ich das überhaupt? Wenn man 35 Jahre mit einer gewissen Einstellung durchs Leben gegangen ist und davon überzeugt war, kann man einfach das Gegenteil leben? Wird man dabei überhaupt zufrieden sein, wenn man sich nicht aus freien Stücken ändern muss.

Irgendwie ist das wieder eine grosse Prüfung meines Lebens. Ich muss etwas ändern und einen Weg einschlagen, der bisher nicht in meine Lebensart gepasst hat.

Trotzdem kann ich nicht einfach aufgeben und dieser blöden Krankheit die Überhand lassen. Irgendwie muss ich einen Mittelweg und eine neue Strategie finden. Jedenfalls muss ich lernen und akzeptieren, dass es nie wieder so sein wird wie Früher. Wie man aus meinen letzten Berichten erkennen kann, hat mich das schon die letzten Tage beschäftigt.

Vielen Dank fürs Lesen! Ich freue mich wirklich, dass Täglich so viele hier reinschauen. Ihr dürft mir gerne Kommentare oder Meinungen dazu schreiben, ich freue mich darüber.